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In seinen Lebensbeschreibungen, die Götz von Berlichingen um das Jahr 1560 diktiert hat, schildert er ein Erlebnis aus dem Jahr 1514, als der Bauernaufstand des Armen Konrad (von ihm, wie damals üblich, als "armer Kunz" bezeichnet) im Remstal für Unruhe sorgt:

"...Gerade als zu Würzburg der Vertrag zwischen den Nürnbergern und mir stattfand, da begann der arme Kunz im Württemberger Lande. Gleich ritt ich hinauf zum Herzog, und er, mein Bruder und ich brachten in aller Eile dreißig oder mehr Pferde auf. Da wäre ich auch bald in Händel hineingeraten. Philipp von Nippenburg war unser Reiterhauptmann und mein Schwager Jacob von Bernhausen zur Zeit Obervogt von Waiblingen. Dieser begegnete mir einst am Tor zu Waiblingen und sprach zu mir: "Schwager Götz, sieh, da läuft einer zum Tore hinaus, das ist der rechten Wegelagerer einer; reite schnell hinter ihm her und wende Fleiß an, daß du ihn fängst, denn er ist einer der Aufrührer." Da eilte ich in meine Herberge, tat nur zwei Sporen an, nahm mein Schwert und zwei meiner Diener mit mir und setzte ihm nach. Aber wir konnten niemand erblicken, denn die Weingärten waren dicht mit Laub bedeckt, wie es die Jahreszeit mit sich bringt und wir konnten nicht wissen, ob er sich darin versteckt oder wohin er sich sonst begeben hatte, konnten überhaupt niemand sehen oder hören. Da gelangten wir in ein Tal und bemerkten eine starke Abteilung in Schlachtordnung einem steilen Berge, dem Kappelberg, zuziehen. Wir hielten lange und sahen ihnen zu, wie sie manövrierten; und als wir so halten und das Maul aufsperren, stehen plötzlich drei weidliche Gesellen neben uns mit Armzeug und Harnisch gewappnet bis ans Knie; der eine trug eine Büchse, der andere eine Hellebarde, der dritte einen langen Spieß. Sie sprachen uns an und fragten: "Was macht ihr hier?" "Was sollen wir hier machen?" sagte ich, "wir sind spazierengeritten." Da versetzte der eine, ein hübscher, weidlicher Gesell und Kriegsmann, der nicht mehr ganz jung war: "Wollen wir auch einen Gang machen?" Ich erwiderte ihm: "Du siehst wohl, daß wir dafür nich gerüstet sind, wir sind eben spazierengeritten,wenn wir aber gerüstet wären, so sollte unsere Antwort nicht ausbleiben." Da sagte er: "Wir sehen, daß ihr lieber möchtet vorbereitet sein." "Wohlan denn," erwiderte ich, "ich höre und merke, daß du ein Kriegsmann bist, wir wollen uns schnell rüsten und wieder zu euc kommen, und zwar zu dreien, wie du uns hier siehst; desgleichen sollt ihr auch tun." Das sagten beide Teile auf ihr Wort zu. Da eilten wir heim, um uns zu wappnen. Als wir aber der Stadt nahe kamen, zogen die von Tübingen, etwa an achthundert Mann auch der Stadt zu, um dem Herzog von Württemberg ihrer Treue zu versichern. Da hatte ich Sorge, sie kämen eher an das Tor als wir, deshalb rannten wir, um früher hineinzukommen. Schnell eilten wir in die Herberge, rüsteten uns und sprengten wieder hinaus; Weder meinem Bruder noch einem anderen sagte ich, was wor vorhatten und wohin wir wollten. Kurz und gut, wir kamen in großer Eile an und fanden die bewußten Knechte nicht mehr, suchten hin und her, konnten sie aber nirgends finden, denn sie blieben weg. ... Eine lange Zeit danach, als der Aufruhr beigelegt war, traf ich meinen Schwager Jakob von Bernhausen ... der sagte zu mir: "Schwager Götz, ich habe den Namen des einen Kriegsmannes erfahren, er ist bei mir gewesen und hat mir aufgetragen, dir zu sagen, wenn du seiner bedürftest, er wolle dir hundert Meilen nachziehen und dir dienen." Mein Schwager setzte hinzu, daß er der beste Kriegsmann wäre, den es im Württemberger Land gäbe. ... es wäre auch gut gewesen, daß wir uns nicht gefunden hätten, sonst hätten wir uns alle sechs erwürgt und es wäre beiden Teilen übel ergangen. ..."

aus: "Lebensbeschreibung des Ritters Götz von Berlichingen", Reclams Universal-Bibliothek Nr. 1556, Philipp Reclam jun. Stuttgart (2004)

Abb.: Götz von Berlichingen mit seiner Unterschrift. (Götz von Berlichingen zu Hornberg) Quelle: wikipedia

Abb. Header: HaStA A 45 Bü 9, Manifest Herzog Ulrichs an die Stände des Reichs über den Verlauf des Aufruhrs des "Armen Conrad" ("Warhafftig underrichtung der uffruorn unnd handlungen sich im fürstenthumb Wirtemberg begeben") 16. Mai 1514, Mitwoch nach unser lieben frawen tag Assumptionis