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von Wolfgang Wiedenhöfer

Er war der große Hoffnungsträger des Hauses Württemberg am Übergang von zwei Zeitaltern: der am 8. Februar 1487 im Schloss zu Reichenweier geborene Eitel Heinrich, spätere Ulrich von Württemberg. Seine Lebensspanne fiel eine bewegte Phase der Württembergischen Landesgeschichte. In seiner Kindheit wurde die Grafschaf unter Eberhard im Bart zum Herzogtum. Später brachte die protestantische Konkurrenz zur katholischen Konfession nicht nur das politische Gefüge in Württemberg durcheinander, das gesamte alte Reich geriet ins Wanken. Am Ende sollte nichts mehr wie vorher sein.

War das Herzogtum Württemberg bei Ulrichs Machtübernahme bereits hoch verschuldet, so trieb es der junge und unerfahrene Herrscher durch unangemesse Regierungsausgaben und überzogene Repräsentationsaufwendungen binnen kurzer Zeit an den Rand des Staatsbankrotts. Die Erhöhung der vorhandenen und die Einführung neuer Steuern auf Fleisch, Wein und Getreide ab 1413 brachte keinen nachhaltigen Erfolg, erhöhte lediglich die durch zwei Missernten in den Jahren 1511 und 1513 ohnehin schon unerträgliche Not der armen Landbevölkerung. Letzte Rettung aus Sicht des Herzogs sollte im Frühjahr 1514 die Veränderung von Maßen und Gewichten bringen: wenn die Preise für Lebensmittel nicht mehr angehoben werden konnten, so wollte Herzog Ulrich eben durch die Verringerung des Gewichtes mehr Geld in die leeren Staatskassen spülen – weniger Ware fürs gleiche Geld.

Zum Gegenspieler des Herzogs in diesen Tagen, der das Land in nachhaltige politische Turbulenzen stürzen sollte, liegen nur wenige Lebensdaten vor. Erst am 2. Mai 1514 tritt er ins Licht der Öffentlichkeit: der Beutelsbacher Peter Gaiß alias „Gaispeter“. Aus der hilflosen Situation der Landbevölkerung heraus warf er die neuen, leichteren Gewichte öffentlichkeitswirksam in die Rems! Später als Wasserprobe oder gar Gottesurteil interpretiert, brach diese mutige Tat der aufgestauten Wut der Landbevölkerung Bahn und war der Funke, der in den folgenden Wochen den Aufstand des „Armen Konrad“ auslöste. Der Herzog musste seine verdeckte Steuererhöhung zurücknehmen, im sogen. „Tübinger Vertrag“ vom Juni 1514 wurde die Landesverfassung neu aufgesetzt und der hoch verschuldete Staat wirtschaftspolitisch reformiert. Doch der Triumph der widerständigen Remstäler Bauern währte nur kurz. Im Juli wurde in Waiblingen das landesherrliche Heer zusammengezogen, der Aufstand brach unter dieser Machtdemonstration binnen weniger Tage zusammen. Die Anführer wurden verhaftet, gefoltert und teilweise hingerichtet, einige wurden des Landes verwiesen oder erhielten hohe Geldstrafen. Die Spur des mutigen Peter Gaiß verliert sich in den Wirren des Aufstandes, vermutlich starb auch er durch das Schwert der Scharfrichter. 

Urkunde: Maximilian, erwählter römischer Kaiser usw. erklärt die Aufrührer in Amt und Stadt Schorndorf, die des Reiches Ordnung und den Landfrieden gebrochen haben und außer Landes geflohen sind, in die Acht und Oberacht.Innsbruck, 1514 September 19 (HStA A 45 U 3)

"Gaispeter war der erste Remstal-Rebell" Bericht der WKZ vom 20.8.2013 zum Aufstand des Armen Konrad; Autor: Bernd Klopfer

Illustration zu einem Reimgedicht über den Armen Konrad. Entstanden im Frühjahr 1514. Bildnachweis: Deutsches Landwirtschaftsmuseum Hohenheim

Der komplette Text des Reimgedichts ist auf den Seiten des zvdd.de zu finden:

Wer wissen wœll wie die sach stand || Jtz in dem würtenbeger land || Der kauff vñ leß den spruch z°u hãd || Er ist der arm Conrad genandt ||
Erschienen: Mainz : Schöffer, Johann, 1514
Online-Ausgabe: Berlin : Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Germany, 2013

Weiterführende Literatur:

Hans-Martin Maurer: Der Arme Konrad – ein Aufstand in Württemberg. In: Thomas Schwabach (Hrsg.): Der Gerechtigkeit einen Beistand thun ... Vorträge und Dokumente zum Bauernkrieg. Hennecke, Remshalden-Buoch 2004, ISBN 3-927981-11-7, (Stadtarchiv und Museen Weinstadt - Kleine Schriftenreihe 5). S. 17-33.

Harald Schukraft: Kleine Geschichte des Hauses Württemberg. Silberburg Verlag Tübingen (2. Aufl. 2007).

Abb. Header: HaStA A 45 Bü 9, Manifest Herzog Ulrichs an die Stände des Reichs über den Verlauf des Aufruhrs des "Armen Conrad" ("Warhafftig underrichtung der uffruorn unnd handlungen sich im fürstenthumb Wirtemberg begeben") 16. Mai 1514, Mitwoch nach unser lieben frawen tag Assumptionis