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von Wolfgang Wiedenhöfer
 

Das Schicksal des Waiblinger Pfarrers Leonhard Werner, von dem nur das Geburtsjahr 1476 überliefert ist, ist beredtes Zeugnis über die Wirren der Reformationszeit: Schon vor 1525 war er Priester in Waiblingen und vom Schweizer Reformator Zwingli beeinflusst. Eine Feldpredigt vor aufständischen Bauern und in diesen Tagen ein hierbei ausgestellter Schutzbrief werden ihm später zum Verhängnis. 1527 wird er angezeigt „…der reformatorischen Gesinnung anhängig zu sein…“. Obrigkeit zu dieser Zeit in Waiblingen war die streng katholische Herzogin Sabina, Gemahlin des während den Bauernkriegen vertriebenen Herzogs Ulrich, der die Stadt als Heiratsgut (Widdum) zugewiesen worden war. Werner verurteilt, seines Amtes enthoben und muß die Stadt verlassen.

Als Herzog Ulrich 1534 nach fünfzehnjähriger Vertreibung wieder nach Württemberg zurückkehrt, wird im ganzen Land die Reformation eingeführt. Evangelische Pfarrer werden überall gesucht, und in Waiblingen erinnert man sich an den sechs Jahre zuvor aus der Stadt gejagten Leonhard Werner, der dem Ruf folgt und als Pfarrer der neuen evangelischen Landeskirche zurückkehrt.

Allerdings greifen die Reformen nur langsam, die Stadt hat noch Jahrelang auch katholische Priester und die Rivalität unter den Gegnern im Glauben bleibt groß. So verlassen die katholischen Priester unter Protest eine Predigt Werners, weil dieser ein protestantisches Kirchenlied absingen lässt – und bespucken beim Hinausgehen sogar den Altar. 1536 bekommt Werner vom Herzog einen streng lutherischen Kollegen zur Seite gestellt, Georg Hala. Der eher gemäßigte Werner und der fundamentalistische Hala geraten schnell aneinander, der Streit eskaliert. Es werden anonyme Schmähbriefe am Rathaus angeschlagen und der Herzog muss eingreifen. Obwohl Hala bei den folgenden Untersuchungen keinerlei Unterstützung aus der Waiblinger Bevölkerung erfährt, wendet sich das Blatt wieder gegen Werner, weil Hala von der Obrigkeit gestützt wird. So muss Waiblingens erster evangelischer Pfarrer ein zweites Mal die Stadt verlassen. Seine Spur verliert sich im Dunkel der Geschichte. Heute tragen ein Kindergarten und ein Gemeindehaus seinen Namen.
 

Weiterführende Literatur:

Kuenzlen, Walter: "Waiblinger Miniaturen";
Verlag BONN ATUELL, Stuttgart (1988)

Abb. Header: HaStA A 45 Bü 9, Manifest Herzog Ulrichs an die Stände des Reichs über den Verlauf des Aufruhrs des "Armen Conrad" ("Warhafftig underrichtung der uffruorn unnd handlungen sich im fürstenthumb Wirtemberg begeben") 16. Mai 1514, Mitwoch nach unser lieben frawen tag Assumptionis