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von Tom Becker

 

Auf Initiative des Heimatvereins (siehe Infospalte rechts) hat die Stadt Waiblingen die Drehung der Skulptur in Auftrag gegeben. Verbunden war dies auch mit einer Erhöhung des Sockels und einer Renovierung der Inschrift auf der Rückwand des Sitzungssaals. Beauftragt wurde die Fa. Hambach, eine Spezialfirma für Natursteine und Steinmetzarbeiten aus Waiblingen-Neustadt. Am 16. September, einem dunklen, regnerischen Tag startete um 7:30 Uhr die Umsetzung der Skulptur erstmal auf einen provisorischen Platz, neben dem üblichen Standort. Bis zum 30.September, dem Tag der endgültigen Platzierung, wurde ein neuer Sockel gegossen, der zusätzlich zum alten Sockel die Skulptur auch wieder in die ursprüngliche Höhe brachte.
Herr Hambach führte auch verschiedene Schriftfarben-Proben aus, um die verblasste Inschrift wieder zur Geltung zu bringen. Zur Entscheidung, welche Schriftfarbe endgültig angewandt wird (zur Auswahl stehen hellgrau, dunkelgrau, schwarz und rotbraun) wird der Heimatverein herangezogen. Der Heimatverein stiftet auch ein neues Hinweisschild.

Verfolgen Sie unten in der Bildgalerie die verschiedenen Phasen der Drehung. Mit einem Schwerlastkran mussten an beiden Tagen jeweils 4,5 Tonnen Gewicht bewegt werden.
An dieser Stelle Dank an Herrn Hambach, der die Veröffentlichung der Personenbilder seines Teams genehmigt hat.

 

Um die Hintergründe des Mahnmals nochmals in Erinnerung zu rufen, ist es an dieser Stelle interessant den Artikel der Waiblinger Kreiszeitung vom 25.4.1960 zu zitieren. (Veröffentlichung auf dieser Website mit freundlicher Genehmigung des ZVW.)
Machen Sie also  mit folgendem Artikel eine Zeitreise in das Jahr 1960:


"Symbol für die Verbundenheit mit den Opfern des Krieges - Mahnmal auf dem Waiblinger Rathausplatz enthüllt in einer würdigen Feierstunde"


"Unter starker Anteilnahme der Bevölkerung enthüllte Bürgermeister Diebold am Sonntag in einer Feierstunde auf dem Waiblinger Rathausplatz das von Bildhauer Melis geschaffene Mahnmal zum Gedenken der Opfer des Krieges. Damit erhielt der Rathausplatz sein endgültiges Gepräge, und so ungewöhnlich es auch erscheinen mag, das Gedenken und Mahnen an die Gefallenen mitten hinein in das pulsierende Leben der Stadt zu verlegen, so ungewöhnlich ist die Aussage der Plastik, deren hoher künstlerischer Wert von der erschütternden Wahrhaftigkeit ihrer Symbolik bestimmt wird. In ihr sind das Leid und das Leiden, der Schmerz, die Trauer und der Wahnsinn des Krieges in ehrlichen Zügen eingemeißelt - ein Mahnmal in des Wortes wahrstem Sinne, das auf dem Rathausplatz, so dünkt uns, seinen besten Platz gefunden hat.

,,Wir glauben, richtig gehandelt zu haben", sagte Bürgermeister Diebold in seiner Ansprache, „den Platz für dieses Mahnmal mitten in der Stadt gesucht zu haben, denn aus ihm sollen die Toten täglich zu uns sprechen und das Wissen in uns wach halten, daß der Krieg das Leben tötet." Deshalb gehöre dieses Mahnmal, so fuhr der Bürgermeister fort, nicht in die Abgeschiedenheit eines Friedhofes und es dürfe sich ebensowenig in endlosen Reihen von Namen erschöpfen, wie auch den Heldentod heroisieren. Das Bersten der Granaten, das Dröhnen der Kriegsmaschinen, die Millionenarmee der Toten, das grenzenlose Leid der Frauen und Kinder über dieses Völkermorden, das Wissen um die unabänderliche Wahrheit, daß Krieg Tod, Frieden aber Leben bedeute solle vielmehr hier als ein Vermächtnis der Toten ständig zu uns sprechen. Daß den Toten der Rathausplatz gewidmet worden sei soll gleichzeitig die geistige Verbundenheit der ganzen Gemeinde mit ihren Toten symbolisieren. Es möge ein Denkmal dafür sein, daß sie eben für diese Gemeindeschaft gestorben sind.

Ferner solle das Mahnmal dazu beitragen,uns ständig darin zu stärken, Haß und Vorurteile aus unserem Herzen zu reißen und dafür Friede und Versöhnung einzupflanzen. Mit dem eindringlichen Appell, niemals gedankenlos an diesem Mahnmal vorbeizugehen und mit der Mahnung „Krieg und Gewalt zerstören das Leben" enthüllte der Bürgermeister das Mal.

Mit der Frage: „Ist es nicht etwas viel Größeres, ein ganzes Leben dem Vaterland dienen zu können als auf dem Schlachtfeld sterben zu müssen?" suchte Stadtpfarrer Früh den Weg zum letzten und tiefsten Sinne dieses Kriegsopfers. Es bleibe dabei, daß das Schlachtfeld nichts als ein grauenhaftes Schlachten sei, über die Bewunderung für den Mut der Tapferen müsse man aber den Toten selbst zuliebe den Mut stellen, in sittlicher Wahrhaftigkeit zu erkennen, daß es viel mehr bedeute, für das Vaterland zu leben als zu sterben. Deshalb sei der Wille zum Dienst am Mitmenschen, zur Achtung vor der Menschenwürde die beste und fruchtbarste Ehrung der Toten.

Wenn wir auch fürchten müssen, daß diese Worte des Geistlichen nicht von jedem Ohr voll verstanden wurden, so schienen sie uns doch genau das zu sein, was der Bildhauer aus den zwei Frauengestalten mit dem Toten auf dem Schoß sprechen lassen will: Daß die Macht und das Recht, Leben zu geben und Leben zu nehmen, einen Höherem vorbehalten sein soll, und daß jede menschliche Vermessenheit, in die göttlichen Gesetze einzubrechen, mit Leid und Verzweiflung, mit Grauen und Trauer beglichen werden muß.

In diesem Sinne sprach sich auch Dekan Aubele von der katholischen Pfarrgemelnde aus, als er darauf hinwies, daß die Liebe zu den Toten und die Trauer um sie aus diesem Mahnmal sprechen mögen und die Kraft in uns stärken soll, gegen eine Wiederholung ihres Schicksals anzukämpfen.

Die Stadtkapelle Waiblingen unter der Leitung von Musikdirektor Leibbrand und der Männergesangverein Waiblingen umrahmten die Feierstunde in würdiger Form. Die Stadtkapelle hatte sich hierfür eingangs Richard Wagners „Festmusik" ausgewählt, während der Männergesangverein unter der Stabführung von Chorleiter Musikdirektor Storch mit einem von Franz Storch selbst für den Chor bearbeiteten Sudendeutschen Volkslied „Eine Mutter hat fünf Söhne stahn" den Inhalt dieser Feierstunde in aufrüttelnder Weise musikalisch unterstrich."

 

 

Die Position der Pieta bei der Enthüllung
am 25.April 1960

Das war die ursprüngliche Position der Pieta vor dem Rathaus.Das Mahnmal stellt Mutter und Frau eines Gefallenen dar. Der Betrachter sah es damals aus einer seitlichen Perspektive. Vor einigen Jahren bei der Baumpflanzung rechts und links und vermutlich auch bei der Montage der Lichtspots wurde es um 90 Grad irrtümlich versetzt. Die dadurch stark beeinträchtige Wirkung war ein großes Ärgernis für unseren verstorbenen, ehemaligen Vorsitzenden Joachim Promies.





Quelle: Stadtarchiv

Der Künstler wollte eine Zugewandheit zum Rathaus hin. Diese Absicht wird auch im Artikel der Waiblinger Kreiszeitung deutlich, der die Philosophie des Denkmals beschreibt und über den Festakt der Enthüllung berichtet. (Siehe links)

Der Bildhauer Fritz Melis (21.1.1913 bis 17.1.1982) lebte zuletzt in Bietigheim-Bissingen. Er absolvierte ein Studium an der Berliner Akademie der Künste und arbeitete ab 1950 als Dozent für freies Zeichnen an der TH Stuttgart. Werke von ihm stehen auch u.a. in Bietigheim-Bissingen, Gerlingen, Ludwigsburg, Esslingen, Stuttgart, Ditzingen, Heilbronn - genannt sind nur die Orte in unmittelbarer Nähe.

Die Dokumentation der Drehung - Fotos: Tom Becker